Eine von vierzigtausend, Farmarbeiter in Naivasha

Etappe 4 von 4

Ich bin Grace und arbeite sechs Tage pro Woche im Gewächshaus einer Blumenfarm in Naivasha. Nach Abschluss der Sekundarschule vor sechs Jahren bin ich aus meiner Heimat in Westkenia nach Naivasha gezogen, um Arbeit zu finden. Zuerst habe ich bei einer Cousine gewohnt. Nachdem ich eine Anstellung als "general worker" gefunden und dort meinen Mann getroffen habe, wohne ich nun zusammen mit ihm und unseren zwei Kindern in einer Siedlung ganz in der Nähe der Farm, auf der wir beide arbeiten.

Ein Großteil der Bevölkerung ist abhängig von der Blumenindustrie, was diese Grafik verdeutlicht*:

* Ergebnisse einer Befragung in verschiedenen Siedlungen

Ursprünglich komme ich aus Westkenia. Nach meinem Schulabschluss konnte ich keine Arbeit finden und meine Eltern konnten sich das Geld für eine weitere Ausbildung nicht leisten. Meine Cousine lebte schon in Naivasha und hat mir von einer offenen Stelle bei der Farm, auf der sie arbeitet, erzählt. Nach sechs Monaten wurde mein Vertrag entfristet und jetzt arbeite ich bereits seit sechs Jahren in Naivasha. Ursprünglich habe ich geplant, nur etwas Geld zu sparen und dann in meine Heimat zurückzukehren, aber als ich meinen Mann getroffen habe, hatte sich das erstmal erledigt. Jetzt haben wir zwei kleine Kinder, für die wir sorgen müssen. Deshalb müssen wir weiter auf der Farm arbeiten.

"Durchmogeln"

Arbeiter in Naivasha beschreiben ihre ökonomische Situation häufig als „Durchmogeln“. Sie kommen zurecht, aber es ist ein täglicher Kampf. Farmarbeiter können ihr Grundeinkommen beispielsweise durch Überstunden, die 1,5-fach bezahlt werden, oder kleine Nebenerwerbe erhöhen:

An meinem freien Tag fahre ich mit dem Bus nach Naivasha, um auf dem Markt Gemüse einzukaufen. Dieses Gemüse verkaufe ich dann nach der Arbeit in der Siedlung, in der ich lebe. Ich mache ein wenig Gewinn. Damit bezahle ich die Schulgebühren meiner Kinder.

Blick in eine der zahlreichen informellen Siedlungen

Einige Arbeiter leben auf den Farmen, bei denen sie arbeiten, aber viele wohnen in informellen Siedlungen. Diese Siedlungen haben zwar Schulen und Kliniken, es fehlt jedoch häufig eine grundlegende Infrastruktur wie zum Beispiel eine funktionierende Wasserversorgung oder Kanalisation. Viele Migranten investieren eher wenig in Naivasha, da sie ohnehin planen, spätestens im Ruhestand in ihre Heimatregionen zurückzukehren. Deshalb versuchen viele einfach, sich so gut wie möglich mit den widrigen Bedingungen zu arrangieren.

Immer mehr Farmangestellte werden Mitglied der Gewerkschaft KPAWU. Der große Vorteil besteht darin, dass die Arbeitsbedingungen kollektiv verhandelt werden und im Vergleich zu nicht gewerkschaftlich organisierten Farmarbeitern relativ gut sind.

Einige Beispiele aus dem Tarifvertrag 2013–15:

Monatliches Grundeinkommen
(abhängig von Berufserfahrung; ausgenommen Überstunden, Boni)
5.401 – 10.252 KES*
(45 – 86 EUR)
Monatlicher Mietzuschuss 1.700 KES** (14,30 EUR)
Jährlicher Reisezuschuss 2.500 KES (21 EUR)
Bezahlte Urlaubstage 24 Tage
Bezahlter Mutterschutzurlaub 3 Monate
Überstunden 1,5-facher Stundenlohn

* Wechselkurs vom 31.12.2013: 1 KES (Kenia-Schilling) = 0,0084 EUR
** Eine akzeptable 1-Zimmer-Wohnung, in der häufig eine ganze Familie unterkommt, kostet circa 2.000 KES pro Monat.

Die Arbeit ist hart, die Bezahlung gering. Aber es ist ein relativ sicheres Einkommen, das für unsere Lebensumstände ausreicht.

In welcher Verbindung die kenianische Arbeiterin Grace zu den Blumenfarmern und den anderen vorgestellten Akteuren steht, erfahren Sie im Überblick.

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